Du, ich und die Egozentrik
Ich hatte schonmal einen Blog hier - und der handelte von mir und meinen Zukunftsplänen (alle gescheitert, oh wunder).
Jetzt schreibe ich über meine Krankheit. Und wenn ich die anderen Blogs durchlese, stelle ich fest, dass mindestens ein Drittel von psychischen Krankheiten handelt. Bulimie, Zwangsstörung, Depression.. alle sind krank.
Das wundert mich aber gar nicht so sehr. (Ich spare mir mal die Ausführungen darüber, dass es genug Dinge gibt, die einen in dieser Welt krank machen können.)

Aber so literarisch gesehen.. will sowas eigentlich noch jemand lesen? In einem Blog?
Ich habe ein autobiographisches Buch von einer Magersüchtigen gelesen. Das Buch war vom Spiegel hochgelobt. Es hat mir gut gefallen, da ich mich in vielen Denkweisen wiederfinden konnte, aber es war nicht grade genial geschrieben. Trotzdem tolle Verkaufszahlen.
Dass Betroffene und Angehörige phasenweise alles lesen was ihnen in die Hände fällt verstehe ich. Wieviele Nächte hab ich selbst schon in Blogs und Foren verbracht, auf der Suche danach mich zu verstehen. Der einzige Effekt war meist, dass ich mich weiter runtergezogen habe.
Aber der Rest der Bevölkerung..? Naja, lag vielleicht an der Spiegel-Empfehlung.

Ich will nicht über das Buch oder andere Blogs lästern, höchstens über meine eigene Egozentrik.
Aber ich denke, wenn man über eine psychische Störung schreiben und informieren will, wäre es toll dabei auch einen literarischen Reiz zu bieten. Ein Buch z.B. halb-fiktional zu gestalten, so dass man eine echte Storyline und echte Spannung erzeugt (würdet ihr lieber Shades of Grey lesen oder einen Blog, in dem jemand seine ersten SM-Versuche und womöglich auch die peinlichen Fehlschläge schildert?).
Tja, ich hab versucht so etwas zu Papier zu bringen und wie bei vielen Dingen habe ich meine kleinen Allmachtsfantasien, dass ich könnte, wenn ich wollte. Ich könnte einen Bestseller schreiben, wenn ich es nur zuende bringen würde. Kein Problem. Der wär in zwei Tagen runtergetippt. Hmm jaja. Tatsächlich hab ich zwei Tage für 10 Seiten gebraucht, die mir nicht so recht gefielen und dann aufgegeben.

Ich hoffe, dass mir das Bloggen nun irgendwie weiterhilft. Mich inspiriert.
Ich habe aber beim Blog, genauso wie beim Roman, eigentlich Angst wirklich alles niederzuschreiben. Ich habe in den letzten zwei Jahren so viele abstruse Dinge getan, die wohl kaum jemand nachvollziehen kann. Ein Roman würde automatisch als vulgäre Provokation aufgefasst, falls er denn überhaupt bei irgendwem Beachtung fände.

Aber andererseits ist der Blog auch ein Tagebuch, in dem ich aktuelles Geschehen beschreiben und verstehen will und Vergangenes bewältigen will.
Warum tue ich das nicht in einem Tagebuch? Ist die Verzweiflung und Hoffnung, dass einen irgendjemand versteht und als Wunderheiler aus dem dunklen (Inter-)Netz aufersteigt so groß?
Warum schreibt ihr kein Tagebuch?
Ich glaube, ich verschließe die Augen vor meiner Egozentrik..