Donnerstag, 18. Juli 2013
Karma und Konventionen
Glaubt ihr an Karma?

Ich muss mir eingestehen, dass ich zumindest an schicksalshafte Begegnungen glaube. Daran, dass ich bestimmte Menschen kennenlernen "sollte".
Das ist eigentlich absurd, da ich sonst weder religiös noch spirituell bin.

Laut Wikipedia bedeutet Karma, dass "jede Handlung – physisch wie geistig – unweigerlich eine Folge hat".
Das klingt ja erstmal weniger spirituell als logisch.

Weiterhin werden "die Wirkungen von Handlungen und Gedanken in jeder Hinsicht, insbesondere die Rückwirkungen auf den Akteur selbst" hervorgehoben.
Ich denke, das kann ein jeder Bordi auch bestätigen: Das erste Cutten z.B. ist nicht nur eine Verletzung der Haut, sondern hebt innere Grenzen auf. Es ist nicht nur die Sucht, die durch den erstmaligen Seretoninstoß, droht, sondern auch die Tatsache, dass man derart bewusst gegen den eigenen Selbsterhaltungstrieb verstößt, hat Folgen, die schwer zu erklären sind.

Im Rückblick empfinde ich jedoch den Umstand, dass man sich mit dem Ritzen ein Stück weit an den Rand der Gesellschaft begibt, als die größte innere Veränderung. Dabei meine ich nicht, dass jeder Cutter von seinen Mitschülern und seiner Familie geächtet wird. Ich finde hier sind auch viel subtilere Mechanismen beteiligt. Man kann nicht mehr mit jedem über das volle Ausmaß seiner Probleme und Gefühle sprechen. Man weiß und spürt ganz allgemein, dass man etwas tut, was für die Mehrheit einfach nur unverständlich ist.

Ich bin so oder so unfähig mich an die Gesellschaft anzupassen, ich würde mich geschwollenermaßen als Freidenker bezeichnen und möchte meine Fähigkeit über Dinge selbst nachzudenken, statt einer landläufigen Meinung blind zu folgen, nicht missen.
Allerdings ist so ein unkonventioneller Lebensweg anstrengend. Ständig ist man bestenfalls mit Fragen, meistenfalls mit Kritik konfrontriert.
"Warum machst du nicht Karriere?"
"Warum hast du den Job geschmissen?"
"Was sollen die Piercings?"

Nunja, man könnte sagen, das ist der Deal.
Aber nachdem ich mit dem Cutten begonnen habe, außerhalb der Norm zu leben, ging es immer weiter. Selbstverwirklichung statt Karriere, Reisen statt fester Job, polygame Sexualität statt Liebe.
In Beziehungsdingen habe ich vieles ausprobiert. Nur die Dinge, die mir moralisch nicht verwerflich erschienen. Nach dem guten alten Grundsatz, solang man niemandem weh tut ist alles ok. Nunja, zumindest vorsätzlich habe ich das nicht getan, wie die Dinge dann enden ist eine ganz andere Frage.
Aber muss man etwas tuen nur weil nichts dagegen spricht? Auch wenn das alles spannend war.. meinen Kindern kann ich es später eh nicht erzählen.
Konventionen.. tja..

Es steht schon zwischen den Zeilen: Bei all dem Highlife habe ich im Endergebnis auch ordentlich Bockmist verzapft. Ziemlich schlechtes Karma.
In der selben Zeit und auch danach habe ich aber auch vielen Menschen helfen können. Gutes Karma. Ob sich das jetzt aufhebt?

Ich glaube, das trifft nicht nur auf mich zu: Bordis können mit Ambivalenzen nicht gut umgehen. Vielleicht weil Borderline und schizoide Muster sich hier und da überschneiden.
Ich finde es auf jeden Fall sehr seltsam, dass mich manche Menschen als wahnsinnig herzensgut erleben und andere als absolut gefühlskalt.
Bordis sehen andere Menschen ja auch meistens entweder als "gut" oder als "schlecht" an. Das Menschen beides sind, ist für uns schwer zu akzeptieren. Auch bei der eigenen Person.

Weshalb ich aber über Karma schreiben wollte. Ich habe mir die Definition von Karma durchgelesen. Laut bekannter Quelle sei es das Ziel überhaupt kein Karma mehr zu erzeugen, weder gutes noch schlechtes. Dies bedeute die Erlösung, dann werde man nämlich nicht mehr wiedergeboren.

Bei Wikipedia fällt in diesem Zusammenhang auch der Begriff "Nichttätigkeit" (nivritti).
Ich plädiere darauf Dinge, die man nicht versteht und Vorurteile, die man hat, zu hinterfragen.
Und ich frage mich: Erreicht der Hinduist also seine Erlösung, in dem er sich möglichst um seinen eigenen Dreck schert?
Eine Lebensweise, die ich bei vielen Protestanten vermisse.

Die Mildtätigkeit (danam) gehört im Hinduismus jedoch wie im protestantischem Glauben zum "Kodex".
Trotzdem muss ich mir eingestehen, dass ich an das Mädchen in China denken musste, dass zweimal überfahren wurde, bevor der 18. Passant es von der Straße geholt hat (laut Stern im übrigen ein Müllmann).
Spielt hier die Religion eine Rolle?

Laut Beckmanns letzter Sendung beeinflusst der Glaube an Reinkarnation sogar das Zeitgefühl. Denn wer an Reinkarnation glaubt muss nicht mehr alles in ein Leben packen. Da bin ich ein bisschen neidisch.

Aber im ernst.. das mit dem Karma muss mir nochmal jemand erklären. Dass gutes Karma auch verkehrt ist, verwirrt mich doch.



Ein echter Blogger sein
Heute will ich mal wieder ein echter Blogger sein und über meinen Tag schreiben.
Morgen habe ich ein Vorstellungsgespräch.
Da es dabei endlich mal wieder nicht um einen Nebenjob für sechs Euro die Stunde geht, bin ich nervös.
Kravattenmännchen verunsichern mich.



No Lager
Ich möchte dieses Thema aufgreifen, auch wenn ich dazu nichts amüsanten oder informatives beitragen kann.
Ich habe einen sehr guten Freund, der gleichzeitig der warmherzigste Mensch ist, den ich kenne.

Er hat vor einigen Monaten begonnen aus einem der Kriesenherde der Welt zu flüchten. Nach mehreren Versuchen, bei denen er jedes Mal fast ertrunken oder erdolcht worden wäre, hat er es über andere europäische Länder nach Deutschland geschafft.

Er hat einen Asylantrag gestellt und ein paar Wochen in einem Lager gewohnt. Die Lager sind oft alte Militärgebäude, Gefängnisse oder Krankenhäuser. Oft leben vier oder mehr Personen in einem Raum und meistens teilen sich zwei Räume ein Badezimmer. Eine Küche gibt es oft nur für das ganze Gebäude oder ein ganzes Stockwerk.

Da diese Lager zunehmend privatisiert werden, werden sie zunehmend kostenorientiert geführt. Entsprechend verändert sich die Versorgung mit Lebensmitteln und sozialer und rechtlicher Betreuung.
Das Land vergibt den Auftrag an den preisgünstigsten Anbieter. Kennzahl sind hier die täglichen Kosten pro Bewohner pro Tag.

Mein Freund hatte Glück und darf erstmal hier bleiben.
Nun beginnt der Kampf darum den Asylantrag immer wieder zu verlängern.
Er lernt deutsch, er arbeitet, er ist offen für unsere Kultur.
Er versucht sich hier wieder an der Uni einzuschreiben. Gleichzeitig sorgt er sich um seine Familie daheim, versucht Geld dorthin zu schicken, sich hier an die neue Arbeit und die Lebensweise zu gewöhnen. Und wäre er Bordi würde er auch einen riesen Tamtam um die Verarbeitung seiner Reise machen.

Ich will keinen Vortrag über das Thema Lager oder den Duldungsstatus von Ausländern halten.
Das einzige was ich jedem ans Herz legen kann, ist offen auf jeden Menschen zuzugehen. Ich verstehe auch vieles nicht, warum sich Frauen verschleiern sollen, warum Beten so laut sein muss, warum man in Indien kein Klopapier benutzt und in der Türkei eine Gießkanne. Und ich finde nicht alles gut.
Aber man kann Menschen fragen, warum sie etwas tun und manchmal bringt einen das weiter. Und man kann auch einfach anderer Meinung sein.
Auch Menschen aus anderen Ländern gehen nicht immer konform mit ihrer Kultur. Zum Beispiel kenne ich Muslime, die an Gott glauben, aber auch an die buddhistische Lebensweise, das ist doch eine reichlich abenteuerliche Mischung, die nicht sehr traditionell sein kann.
Ich kenne viele Leute, die grade erst nach Deutschland geflüchtet sind. Das schlimmste was ich in diesem Kreis erlebt habe, waren mürrische alte Männer und flirtende Halbwüchsige.
Auf der anderen Seite habe ich sehr viel Hilfsbereitschaft und Interesse am Leben und der Sprache hier erlebt.

Ich habe auch schon oft genug ausländische Assis erlebt und wurde auch schon angepöbelt. Ich wirke auf andere eher resolut und selbstbewusst, von daher geschieht so etwas nicht oft. Aber einmal wurde ich, als ich alleine in der Disko war, von einem Rumänen ziemlich genervt. Und mit 13 wurde ich mal von einer Mädchengang dumm angemacht. Und ein Deutscher hat mich mal bis nach Hause verfolgt.
Gut, dass ich bei sowas nicht sehr ängstlich bin.
Aber soetwas ist mir nie mit Flüchtlingen passiert.
Wenn Rassisten rassistisch sein dürfen, weil ihnen mal ein Ausländer dumm gekommen ist, dann urteile ich auch nach meinen persönlichen Erfahrungen und sage: Die Art wie Flüchtlinge und Ausländer in Deutschland (zum Beispiel von den Menschen, die in der Nähe von Flüchtlingslagern wohnen) aufgenommen werden, trägt dazu bei, dass grade die jüngeren Ausländer aggressiv werden können.

Dabei geht es nicht darum, dass die Deutschen sich anpassen müssten oder vorsichtig sein müssten. Natürlich sage ich nicht zu einer flüchtigen Bekannten "Bist du bescheuert, bei 37 Grad komplett verschleiert herum zu laufen?"
Wenn ich aber mit Ausländern arbeite, trage ich den selben Ausschnitt wie immer und erwarte von ihnen genauso, dass sie unter einer Frau "kuschen". Diejenigen, die dies nicht gewohnt sind, werden dann oft sehr still und schüchtern, sodass ich mir das Grinsen verkneifen muss. Und was die verschleierte Frau angeht, wäre meine erste Frage: "Warum trägst du sowas?" Ob das bescheuert ist, kann man ja auch bequatschen, wenn man sich besser kennt. Vielleicht wird man dann auch gefragt, ob es nicht bescheuert ist, dass deutsche Frauen so gleichberechtigt sind, dass sie in einer Beziehung den Haushalt, die Kindererziehung und das Arbeiten übernehmen.

Hmm, ich konnte dem Predigen wohl nicht ganz wiederstehen.



Ironie
Vor etwa einem Jahr, in der aufregendsten aber auch krisenreichsten Zeit meines Lebens, hatte ich die innovative Idee mir ein Wort einzuritzen. Ein paar Kratzer reichten an dem Tag nicht, ich wollte etwas mit mehr Ausdrucksstärke.

Ich glaube viele Bordis haben das Problem, dass ihnen andere vorwerfen, sie würden (oder wollten) mit ihrer Selbstverletzung andere erpressen. Nicht ohne Grund schreibt mein Freund Wikipedia, dass sich Angehörige oft selbst in Behandlung geben müssen, weil so ein Bordi dezent anstrengend sein kann.

Ich kann nicht von der Hand weisen, dass mein Cutten fast immer zum einen Druckabbau war, zum anderen aber auch eine recht zielgerichtete Aussage.
Ich habe meine Wunden fast immer versteckt, aber vor dem Partner kann man sie nicht verstecken, und eigentlich wollte ich auch, dass er sie sieht.
Der Unterschied zwischen Ritzen als Hilfeschrei und Ritzen als Erpressung.. - wo soll der liegen?

Meine Aussage war meist entweder "Kannst du nicht ein bisschen Rücksicht auf meine Gefühle nehmen?", oder, in schlimmeren Situationen "Du, deine Worte, dein Verhalten, sind zuviel für mich. Du überschreitest eine Grenze, du verletzt mich und ich weiß nicht wie ich das ertragen soll."

Nunja, in Anlehnung an ein Lied von Alanis Morissette wollte ich mir dann "Can`t" auf das Knie "schreiben".
Dummerweise wurde das alles ein bisschen schräg und unförmig und spätestens als es verblasste las es sich mehr wie "Lant".

Mein Freund meinte nun gestern in aller Freundlichkeit: "Wenn du das nächste Mal ritzen willst, nimmst du dir aber bitte ein Wörterbuch, nicht, dass da wieder Lant bei rauskommt."
Vielen Dank mein Schatz.



Dienstag, 16. Juli 2013
Ausgedärmt
Mein Alltagsleben ist grade mehr oder minder frustrierend, aber nicht besonders spannend.
Trotz elitärer Abinoten hab ich Jahre später nichts gepackt, nein, aktuell bin ich sogar sehr pleite.
Immerhin hat der letzte Kontoauszug mir nicht nur die Sprache verschlagen, sondern er war auch der nötige Anreiz um meine Litanei zu beenden. Ich habe heute tatsächlich den ganzen Tag am PC verbracht und Jobs gesucht.
Der Traum mein Leben sinnvoll zu gestalten und fernab der großen Karrierepfade zu schreiten......
Vielleicht hätte das sogar klappen können, hätte ich ein paar falsche Entscheidungen weggelassen. Und wäre nicht jedes Mal entweder weggelaufen oder mit dem Kopf gegen die Wand gerannt.

Aktuell lenke ich mich mit der zwanzigmilliardsten Diät von meinen wirklichen Problemen ab. Ich hab es auch zum einmilliardsten Mal geschafft die ersten 2, 3 Kilogramm abzunehmen.
Abnehmen in einer Beziehung geht das überhaupt? Ich hoffe ja, denn ich bin seit einem Jahr verlobt. Aber bisher habe ich immer nur nach Trennungen wirklich viel abgenommen.

Das Problem ist, dass ich immer nur zuviel oder zu wenig essen kann. Entweder ich hungere oder ich esse eben genussvoll und lasse mir auch nicht die Butter vom Brot nehmen, oder die Sahne aus der Lieblingspfanne, oder die Mayo zu den Pommes.
Ich habe selten wirkliche Fressanfälle, ich glaube die hat ja jeder mal, aber ich esse einfach gerne deftig. Ich weiß also woher die Kilos kommen.

Dabei bin ich theoretisch sogar sportlich. Wobei ich bei einem Gewicht, wie ich es im Moment habe, wenig Lust habe in kurzen Sportklamotten durch die Welt zu hüpfen. Da neige ich dann leicht zur sozialen Phobie.

Nunja aktuell esse ich wieder kaum etwas. Das geht solange gut bis ich mich erkälte und meine mich mit allerlei Säften und "ordentlichem" Essen aufpäppeln zu müssen oder bis sich (mit oder ohne vorherigem Fressgelage) die alten Gewohnheiten wieder einschleichen.
3-8 kg rauf und runter, das mache ich seit Jahren ein oder zwei mal im Jahr. Und meistens wiege ich im Endeffekt mehr als jemals zuvor. Clever!

Im Moment findet meine Verdauung das aber gar nicht lustig. Da wollte ich mir schon Sauerkrautsaft holen um nachzuhelfen.. nun stelle ich fest, dass das absolut nicht mehr notwendig ist, ganz im Gegenteil.

Jaja, trivialer geht es nicht..

"Ausgedärmt" hab ich übrigens von Wikipedia. Und da mache ich mir Sorgen um meinen notorisch ironischen Unterton:
"Der Delinquent wurde also einer Kombination äußerst quälender strafender Handlungen mit schließlich tödlichem Ausgang unterzogen, von denen eine das Ausdärmen/Ausweiden war, das freilich auch postum vorgenommen werden konnte."



Du, ich und die Egozentrik
Ich hatte schonmal einen Blog hier - und der handelte von mir und meinen Zukunftsplänen (alle gescheitert, oh wunder).
Jetzt schreibe ich über meine Krankheit. Und wenn ich die anderen Blogs durchlese, stelle ich fest, dass mindestens ein Drittel von psychischen Krankheiten handelt. Bulimie, Zwangsstörung, Depression.. alle sind krank.
Das wundert mich aber gar nicht so sehr. (Ich spare mir mal die Ausführungen darüber, dass es genug Dinge gibt, die einen in dieser Welt krank machen können.)

Aber so literarisch gesehen.. will sowas eigentlich noch jemand lesen? In einem Blog?
Ich habe ein autobiographisches Buch von einer Magersüchtigen gelesen. Das Buch war vom Spiegel hochgelobt. Es hat mir gut gefallen, da ich mich in vielen Denkweisen wiederfinden konnte, aber es war nicht grade genial geschrieben. Trotzdem tolle Verkaufszahlen.
Dass Betroffene und Angehörige phasenweise alles lesen was ihnen in die Hände fällt verstehe ich. Wieviele Nächte hab ich selbst schon in Blogs und Foren verbracht, auf der Suche danach mich zu verstehen. Der einzige Effekt war meist, dass ich mich weiter runtergezogen habe.
Aber der Rest der Bevölkerung..? Naja, lag vielleicht an der Spiegel-Empfehlung.

Ich will nicht über das Buch oder andere Blogs lästern, höchstens über meine eigene Egozentrik.
Aber ich denke, wenn man über eine psychische Störung schreiben und informieren will, wäre es toll dabei auch einen literarischen Reiz zu bieten. Ein Buch z.B. halb-fiktional zu gestalten, so dass man eine echte Storyline und echte Spannung erzeugt (würdet ihr lieber Shades of Grey lesen oder einen Blog, in dem jemand seine ersten SM-Versuche und womöglich auch die peinlichen Fehlschläge schildert?).
Tja, ich hab versucht so etwas zu Papier zu bringen und wie bei vielen Dingen habe ich meine kleinen Allmachtsfantasien, dass ich könnte, wenn ich wollte. Ich könnte einen Bestseller schreiben, wenn ich es nur zuende bringen würde. Kein Problem. Der wär in zwei Tagen runtergetippt. Hmm jaja. Tatsächlich hab ich zwei Tage für 10 Seiten gebraucht, die mir nicht so recht gefielen und dann aufgegeben.

Ich hoffe, dass mir das Bloggen nun irgendwie weiterhilft. Mich inspiriert.
Ich habe aber beim Blog, genauso wie beim Roman, eigentlich Angst wirklich alles niederzuschreiben. Ich habe in den letzten zwei Jahren so viele abstruse Dinge getan, die wohl kaum jemand nachvollziehen kann. Ein Roman würde automatisch als vulgäre Provokation aufgefasst, falls er denn überhaupt bei irgendwem Beachtung fände.

Aber andererseits ist der Blog auch ein Tagebuch, in dem ich aktuelles Geschehen beschreiben und verstehen will und Vergangenes bewältigen will.
Warum tue ich das nicht in einem Tagebuch? Ist die Verzweiflung und Hoffnung, dass einen irgendjemand versteht und als Wunderheiler aus dem dunklen (Inter-)Netz aufersteigt so groß?
Warum schreibt ihr kein Tagebuch?
Ich glaube, ich verschließe die Augen vor meiner Egozentrik..



Wortspiel
In der Schule war ich nicht sehr beliebt. Zu arm, zu mopsig und zu gute Noten. Aber ich habe nicht daraus gelernt und musste unbedingt eine Alliteration in meinen Blog-Titel einbauen.
Nunja, dass ich mich schwer darin tue aus meinen Erfahrungen zu lernen, das ist ja nichts neues.

Aber was soll der Schmarn nun?
Für Borderline-Anfänger:
Borderline ist eine Persönlichkeitsstörung.
Laut dem Wissensgott Wikipedia wurde der Begriff in ähnlicher Form zum ersten Mal 1884 verwendet.

Seitdem gab es den in der Psychologie üblichen Hickhack darüber, ob es die Krankheit überhaupt gibt und wie sie zu definieren ist. Jede psychologische Schule hat ihre eigenen Theorien über das Entstehen der Krankheit und über ihre Behandlung.

Laut meiner eigenen persönlichen Einschätzung hat Borderline inzwischen eine ähnliche Anerkennung wie ADHS (wobei es difuserweise auch Zusammenhänge zwischen den Krankheiten geben kann). Burn-out ist ähnlich beliebt.
Borderline ist medizinisch weitestgehend anerkannt. Trotzdem wissen wenige Menschen "was das ist". Bestenfalls haben sie mal etwas von ritzenden Emokindern gehört, wobei dieses "Vorwissen" einem Betroffenen, der seine Angehörigen informieren will auch nicht entscheidend weiterhilft.

Eine Borderline-Diagnose wird ausgestellt, wenn auf einen Patienten 5 von 9 Kriterien zutreffend, die - verkürzt dargestellt - alle entweder beziehungs- oder selbstzerstörerisch sind.
Wikipedia betont jedoch gleich im ersten Absatz, dass die Krankheit eine hohe Komorbidität aufweist. Damit sind wir dem Blog-Titel schon ganz nahe.
Komorbide ist eine Krankheit, wenn sie häufig mit anderen Krankheiten einhergeht.

Ich finde das alles als Betroffener ziemlich unschick, 5 zerstörerische Lebensmuster würden doch wirklich reichen, oder? Und auch ziemlich undurchsichtig. Denn Borderline ist eine Persönlichkeits-Störung, das heißt die Krankheit torpediert sowieso das ganze Leben, mehr geht doch gar nicht.

Depressiv zu sein stell ich mir einfacher vor. Da ist man halt traurig und liegt im Bett. Verdammt, Depressionen gehören ja auch ins Spektrum der Borderline-Komorbiditäten.. die kenn ich ja.

Nunja. Sprachlich lässt sich ja alles steigern. Außer ein paar bekannte Adjektive ("zumindest" - "zumindestens" und co). Und wieder hat Wikipedia die Antwort: Multimorbidität.
Und die Multimorbidität, die Mehrfacherkrankung, nimmt im Alter sogar noch zu, statistisch gesehen, das ist doch morbide!


PS: An alle Depressiven, Ritzer und alle Hörer von emo-tionaler Musik: Ich meins nicht so und bin mit allem Erwähnten gut bekannt.
Ich versuche sowohl mein Gejammer, als auch meine Wut auf manches hinter einem flapsigen zynischen Tonfall zu verstecken.
Zum einen weil es mir gefällt, weil ich solche Texte selbst gerne lese. Zum anderen ist der Borderliner an sich ja nicht unbedingt prädestiniert dafür seine Emotionen klar und unverstellt zu äußern. In sich hineinfressen, maskieren, herausbrüllen.. das geht.. aber so richtig.. einfach sagen wie`s ist.. ?